Flexibilität sells: FPAs verbessern die Finanzierung von Batteriespeichern

Experteninterview – 17. Dezember 2025

Batteriespeicher werden häufig als Anlagen wahrgenommen, die Risiken reduzieren oder eliminieren. In der Realität sind sie jedoch – wie alle anderen Anlagen auch – Marktrisiken ausgesetzt. Batteriespeicher entwickeln sich besonders gut in Märkten, in denen hohe Strompreise und starke Volatilität zusammenkommen. Das bedeutet auch, dass sie dem Risiko sinkender Preise und geringerer Volatilität ausgesetzt sind.

Aus diesem Grund helfen Energiedienstleister wie ENGIE dabei, einen Teil der erwarteten Batterieerlöse über einen definierten Zeitraum mithilfe verschiedener Vertragsstrukturen abzusichern. Martin Daronnat, Head of Flexibility & Structured Origination bei ENGIE, erklärt im Interview, wie Flexibility Purchase Agreements (FPAs) die Finanzierung großskaliger Speicherprojekte erleichtern, Risiken reduzieren und die Profitabilität steigern können.

In Deutschland ist Hedging, also eine Absicherung, besonders wichtig, da es derzeit weder Subventionen noch Kapazitätsmärkte gibt, die garantierte Einnahmeströme bieten. Batterien arbeiten hier vollständig unter Marktbedingungen, was bedeutet, dass sie sämtlichen Preisbewegungen ausgesetzt sind. Dabei verfügt Deutschland über den liquidesten Strommarkt Europas – sowohl im Intraday-Bereich als auch in den langfristigen Marktsegmenten. Diese Liquidität ermöglicht es Marktteilnehmern, ihre Risiken effektiv abzusichern, entweder direkt am Markt oder innerhalb ihrer eigenen Portfolios, insbesondere wenn sie bereits erneuerbare Erzeugung managen oder Kunden mit stündlicher Preisexponierung betreuen. Diese Fähigkeit zum Hedging ist der Grund, warum Energieversorger und Händler in Deutschland langfristige Flexibility Purchase Agreements (FPAs) mit Festpreis anbieten können. FPAs beinhalten den Kauf von Flexibilität – also der Fähigkeit zu laden und zu entladen – von einem Flexibilitätsanbieter, um Angebot und Nachfrage besser auszubalancieren oder Netzkosten zu optimieren. Aufgrund ihres Potenzials und ihrer Komplexität sind FPAs derzeit ein großes Thema im Energiesektor.

Der wichtigste Trend betrifft weniger den Umfang der Absicherung, sondern vielmehr die Frage, wie das gewünschte Risikoniveau erreicht wird. Die Vertragsstrukturen spielen dabei eine zentrale Rolle. Ähnlich wie bei PPAs für erneuerbare Energien können FPAs verschiedene Strukturen haben: physisch, virtuell oder sogar vollständig finanziell. Es handelt sich weiterhin um komplexe, nicht standardisierte Verträge, deren Verhandlung mehrere Monate dauern kann.

Ein physisches FPA beinhaltet die direkte Optimierung eines bestimmten Batteriespeichers. Es ist greifbar und operativ an den konkreten Standort der Batterie gebunden. Ein virtuelles FPA hingegen basiert auf einem Portfolioansatz. Das bedeutet, dass der Vertrag nicht an einen spezifischen Speicher, sondern an einen Pool flexibler Anlagen gekoppelt wird. Finanzielle Strukturen, wie Hedging-Produkte oder Preisswaps, erlauben den Parteien, ihre Risiken rein finanziell zu managen – ohne jegliche physische Lieferung. Zusätzlich zu diesen Vertragsstrukturen spielt die Preisgestaltung eine wichtige Rolle: Festpreis, teilweiser Festpreis oder vollständig merchant-basiert.

In der frühen Entwicklungsphase des Speichermarktes, als Projekte noch vergleichsweise klein dimensioniert waren, wurden Flexibilitätsvereinbarungen überwiegend auf Merchant-Basis abgeschlossen. Doch mit wachsender Projektgröße und komplexeren Finanzierungen entstehen immer mehr Festpreisstrukturen. Festpreis-FPAs zählen zu den neuen Vertragsmodellen für die Finanzierung von BESS.

In den Vereinbarungen, die wir typischerweise abschließen, zahlt ENGIE dem Kunden einen festen Preis. Im Gegenzug können wir die Flexibilität der Anlage nutzen. Wir entwickeln außerdem finanzielle Produkte, die wir an Endkunden, Energieversorger und Händler weitergeben wollen, um ihnen Flexibilität zu verkaufen und gleichzeitig unser eigenes Risiko zu managen.

Eines der zentralen Prinzipien unserer Verträge ist eine klare Risikoverteilung: Das technische Risiko verbleibt beim Kunden. Wenn die Batterie beispielsweise nicht verfügbar ist, zahlen wir für diesen Zeitraum nicht. Umgekehrt profitiert der Kunde, wenn er bessere technische Leistungen erzielt. Das Marktrisiko trägt nur ENGIE, indem wir den vereinbarten Festpreis zahlen, unabhängig von Marktbewegungen.

Ein besonders wichtiges Thema bei physischen Tolling-Verträgen ist das Risiko im Zusammenhang mit der Batteriegarantie. Wenn ein Optimierer die Batterie falsch betreibt, etwa durch falsche Sollwerte, kann dies die Herstellergarantie ungültig machen oder sogar die Anlage beschädigen. Da Investitionen in Großspeicher in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro darstellen können, hätte ein solcher Fehler enorme finanzielle Folgen. Daher ist die Zusammenarbeit mit kreditwürdigen Partnern für Kreditgeber unerlässlich, um zu vermeiden, dass sie mit einer wertlosen Anlage dastehen, ohne die Möglichkeit, Schadensersatz zu fordern.

Virtuelle FPAs bergen weniger operatives Risiko für den Abnehmer. In diesen Modellen steuern wir die Batterie nicht physisch. Wir vereinbaren lediglich ein bestimmtes Flexibilitätsvolumen auf Portfolioebene, während der Kunde die physische Einsatzplanung der Anlage selbst übernimmt.

Im vergangenen Jahr haben wir Deutschlands ersten langfristigen physischen FPA für Batteriespeicher mit einer Kapazität von über 100 MW und einer Laufzeit von sieben Jahren abgeschlossen. In dieser Größenordnung gehört er auch zu den größten physischen Flexibilitätsverträgen in Europa. Diese Art von Vertrag ist besonders bedeutend, weil ENGIE die Batterie direkt steuert.

Strukturell ähneln physische FPAs einer Kombination aus einem PPA und einem Optimierungsvertrag. Im Kern sichern wir zunächst die Flexibilität der Anlage vertraglich ab und integrieren anschließend ein Optimierungsabkommen, um sie effizient zu betreiben. FPAs sind generell komplex, aber gerade diese Struktur verlagert die gesamte Komplexität auf den Abnehmer – weshalb physische Verträge in Deutschland trotz ihrer Einfachheit für Verkäufer noch selten sind. Ein weiterer Grund für ihre Seltenheit liegt in den technischen Anforderungen. Viele Marktteilnehmer können zwar Verträge kalkulieren oder Portfolios optimieren, aber sie können nicht direkt mit der Anlage kommunizieren. Das kann an alten IT-Systemen von Versorgern, fehlender Infrastruktur oder Teams liegen, die nicht für das Management von Drittanlagen ausgestattet sind. Dieser Vertrag ist ein wichtiger Meilenstein, der gezeigt hat, dass solche komplexen Strukturen in Deutschland erfolgreich umgesetzt werden können.

Das hängt weitgehend von der Art des Vertrags ab. In Festpreisvereinbarungen sind die meisten Risiken klar zwischen den Parteien verteilt – das ist der Hauptvorteil solcher Strukturen. Bei einem vollständig merchant-basierten Vertrag hingegen trägt der Kunde sämtliche Marktrisiken sowie das Performance-Risiko des Optimierers. In diesem Fall erbringt der Optimierer lediglich eine Dienstleistung und trägt keinerlei finanzielles Risiko, weshalb die Diskussion über Risikoallokation nahezu hinfällig wird.

In Festpreis- oder teilweisen Festpreisvereinbarungen hingegen muss die Risikoverteilung sorgfältig definiert werden. Typischerweise übernimmt der Händler oder Abnehmer das Marktrisiko, während der Kunde das technische Risiko im Zusammenhang mit der Anlagenperformance trägt. Weitere Risikokategorien – etwa regulatorische Risiken, Dispatch-Risiken oder netzbedingte Risiken – werden individuell verhandelt und können sich von Vertrag zu Vertrag unterscheiden, selbst mit demselben Kunden.

Wichtig ist, dass ein Festpreisvertrag von Beginn an sauber strukturiert ist. Geschieht das nicht, können später unerwartete Probleme auftreten. Änderungen bei Netzfahrplanregeln oder neue Stromsteuern können beispielsweise finanzielle Risiken zurück zum Kunden verschieben.

Sie verwenden einen veralteten Browser

Die Website kann in diesem Browser nicht angezeigt werden. Bitte öffnen Sie die Website in einem aktuellen Browser wie Edge, Chrome, Firefox oder Safari.