„Förderprogramme sind nicht für hybride PV-Anlagen gemacht“

Experteninterview – 30. Juni 2025

Hybride PV-Systeme, also herkömmliche PV-Anlagen kombiniert mit anderen Stromquellen oder Batteriespeichersystemen, werden mit Blick auf Netzengpässe und negative Strompreise immer wichtiger. Durch eine effizientere Ressourcennutzung und die Kopplung von Stromerzeugung und Stromverbrauch haben hybride Anlagen das Potenzial, ein echter Game Changer für die Energiewende zu werden.

In diesem Interview erklärt uns Simon Dupond, politischer Berater für erneuerbare Märkte und Investitionen bei SolarPower Europe, was dem weiteren Ausbau hybrider PV-Anlagen im Weg steht und welche Verfahren sich in Europa bereits etabliert haben. In dem jüngst erschienenen Bericht „Embracing the Benefits of Hybrid PV Systems“ geht SolarPower Europe ausführlich auf den Nutzen hybrider PV-Anlagen ein.

Interview mit Simon Dupond, politischer Berater für erneuerbare Märkte und Investitionen bei SolarPower Europe

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Integration hybrider PV-Anlagen in bestehende Energiesysteme und wie sollen diese Ihrem Bericht zufolge gemeistert werden?

Wenn wir das Potenzial hybrider PV-Anlagen voll ausschöpfen wollen, müssen wir uns von der Vorstellung einer zentralisierten und netzunabhängigen Stromerzeugung verabschieden. Wir sind inzwischen in einer anderen Realität angekommen, in der wir auf eine dezentrale, ineinandergreifende und hybride Stromerzeugung setzen müssen, wenn wir es mit der Dekarbonisierung des Stromsystems ernst meinen. Um das zu erreichen, brauchen wir allerdings einen geeigneten gesetzlichen Rahmen. Nach der herkömmlichen Vorstellung eines Stromsystems ist es in der EU technisch und wirtschaftlich immer noch schwierig, hybride Anlagen zu integrieren. Technisch hakt es bereits beim Bau und später beim Anschluss der Systeme ans Netz, was zum einen mit überholten Genehmigungs-, aber auch komplexen Netzanschlussverfahren zu tun hat.

Wirtschaftlich ist der schwierige Business Case für hybride Systeme ein Problem, denn weder die Vorschriften für den Marktzugang noch bestehende Förderprogramme wurden für diese Art von Projekten angepasst. In unserem Bericht machen wir verschiedene Vorschläge, wie sich die Vorschriften und das Zusammenspiel zwischen hybriden Systemen und Netzbetreibern verbessern ließen. Beispiel: Wie könnten wir das Netzanschlussverfahren für bestehende PV-Anlagen beschleunigen, wenn etwa nur eine Batterie hinzugefügt werden soll? Außerdem zeigen wir in dem Bericht Best Practices für die Gestaltung von Förderprogrammen. Die meisten von ihnen wurden nämlich nie richtig angepasst und enthalten Regeln, nach denen Speicherlösungen aus allen anderen Märkten herausgehalten werden müssen.

Welche politischen und regulatorischen Maßnahmen brauchen wir, um den Ausbau hybrider PV-Systeme in Europa zu fördern?

Als allererstes brauchen wir Förderungen, die für diesen neuen Projekttyp geeignet sind. Grundsätzlich sollten alle Förderprogramme die Möglichkeit vorsehen, eine bestehende PV-Anlage um Windkraft oder ein Speichersystem zu erweitern.

Auf europäischer Ebene brauchen wir ein konkretes Maßnahmenpaket zur Flexibilisierung des Strommarktes und einen Aktionsplan zum Ausbau der Speicherkapazität. Eine großes Problem ist dabei etwa die Erhebung doppelter Netzentgelte für Batterien. Wenn sowohl für das Laden als auch das Entladen eine Gebühr fällig wird, schwächt das den Business Case für Batteriespeichersysteme doch erheblich.

Eine andere Baustelle, für die es ebenfalls eine europäische Lösung braucht, sind die Kapazitätsmärkte. Denn wenn hybride Systeme auf diesen Märkten mit fossilen Brennstoffen konkurrieren, lässt sich nur schwer von gleichen Wettbewerbsbedingungen sprechen.

Ein weiterer EU-Rahmen, der bald überarbeitet werden sollte, sind die Vorschriften für Herkunftsnachweise. Denn derzeit ist nicht klar, wie erneuerbarer Strom, der vor seiner Verteilung gespeichert wurde, zertifiziert werden soll. Sollte hier eine Lösung gefunden werden, würde das zahlreiche Märkte eröffnen – vor allem solche für Verträge über den Bezug von erneuerbarem Strom (PPA) mit Zertifikaten.

Heißt das, dass sich der Herkunftsnachweis für Strom aus Batterien, die aus dem Netz und erneuerbaren Energien geladen werden, ggf. ändern würde?

Ja – und im Idealfall würden wir diese Stromflüsse gerne nachverfolgen. Möglich wäre das etwa mit einem Messsystem, das den Stromfluss zwischen der PV-Anlage und der Batterie misst. Bislang gibt es hier aber keine präzise Methode.

Sprechen wir über die Fallstudie aus Großbritannien. Dem Bericht zufolge sollen sich 62 Prozent aller hybriden PV+BESS (Battery Energy Storage System)-Anlagen in Europa im Vereinigten Königreich befinden. Welche regulatorischen oder Fördermaßnahmen haben dazu beigetragen, dass sich dieser Systemtyp dort so gut durchsetzen konnte?

Eine der wichtigsten politischen Maßnahmen in Großbritannien zur Förderung von Investitionen in hybride Systeme ist die progressive Gestaltung von Auktionen. So dürfen hybride Systeme beispielsweise auch an traditionellen Auktionen für Solarstrom teilnehmen, was das Ganze absolut reibungslos macht. Außerdem ist geplant, PV-Anlagen, die zwischen 2022 und 2024 eine Förderung erhalten haben, um eine Batteriekapazität von drei Gigawatt (GW) zu erweitern.

Bei Solaranlagen, die aus einem Differenzkontrakt (Contract for Difference, CFD) gefördert werden, kann die integrierte Batterie ohne Weiteres auf anderen Märkten zum Einsatz gebracht werden. So können Batterien etwa zur Netzstabilisierung verwendet werden, auch wenn anliegende Solarelemente gefördert werden. Das verändert die Spielregeln komplett, denn es macht den Business Case für Batteriespeicher deutlich attraktiver und das Speichersystem kann flexibel auf die Bedürfnisse des Netzes reagieren.

Was können Sie uns über die Schlüsselmärkte für Hybridanlagen verraten?

Stichwort PV plus Wind in Polen und PV plus BESS in Spanien.

Die Markt für PV plus Wind ist noch sehr überschaubar. In Polen konnten wir aber tatsächlich ein paar schöne Entwicklungen beobachten, die neue Impulse liefern. Vielleicht ist Polen auch deshalb gerade der wichtigste Markt in dem Bereich. Der Betrieb mehrerer Anlagentypen am gleichen Standort und deren Interaktion mit dem Netz sind dortzulande klar geregelt. Das bedeutet, dass die Netzanschlussverträge ganz leicht angepasst werden können, wenn ein bestehendes PV-System um eine Batterie oder Windturbine erweitert wird – oder umgekehrt. Ein zentralisiertes Kommunikationssystem rundet das Ganze ab. Damit hat man dann eine flexible Gestaltung von Netzanschlussvereinbarungen erreicht.

In Spanien gibt es ein vielversprechendes Verfahren, das es für Entwickler einfacher macht, am selben Netzanschlusspunkt verschiedene Technologien miteinander zu kombinieren: Die Differenz zwischen der Einspeisekapazität nach einem Netzanschlussvertrag und der installierten Kapazität legt dabei der Übertragungsnetzbetreiber fest. Werden Solarstrom, Windkraft und Batterien am selben Netzanschlusspunkt miteinander kombiniert, bedeutet das also nicht, dass die gleiche Strommenge eingespeist wird. Denn: Die einzelnen Quellen ergänzen sich. Dieses Vorgehen verbessert den Business Case für den Netzanschluss erheblich.

Was steht einem weiteren Ausbau von Batterie- und hybriden PV-Systemen im Weg, wenn dieses Vorgehen in Spanien doch so erfolgreich ist?

Der spanische Solarmarkt war in den letzten zwei Jahren hauptsächlich von Strombezugsverträgen (PPA) geprägt. Auktionen für Solarstrom gab es nicht und selbst bei den geplanten Auktionen spielt die gemeinsame Nutzung desselben Standorts bislang keine Rolle. Eine große Hürde war auch die Tatsache, dass jede Finanzierung aus einem Förderprogramm immer auch mit Einschränkungen in Bezug auf die Netzeinspeisung einherging. In Portugal und Deutschland haben wir hier eine ähnliche Situation. Werden Batterie- oder PV-Systeme finanziell unterstützt, ist es unmöglich oder zumindest nur sehr eingeschränkt möglich, Netzdienstleistungen zu erbringen. Das kommt weder dem Investment Case für Batterien noch dem Energiesystem als Ganzes zugute.

Dazu kommt, dass es in Spanien bislang keinen Kapazitätsmarkt gab. Dieser soll nächstes Jahr jedoch kommen. Zum Vergleich: Der starke Kapazitätsmarkt in den USA hat den Ausbau von Batteriespeichern dort erheblich vorangebracht.

Heißt das, dass der Ausbau von Batteriespeichersystemen in Europa in den nächsten Jahren entscheidend von funktionierenden Kapazitätsmärkten abhängen wird?

Davon gehen wir aus. Batteriespeichersysteme werden sowohl für die kurzfristige Demand-Response als auch für die langfristige Versorgung enorm hilfreich sein. Denn mit ihnen lässt sich der Strombedarf der kommenden Monate oder sogar der nächsten Jahreszeit planen. Im Idealfall sollten Batterien für alle marktrelevanten Zeiträume eingesetzt werden. Doch das erfordert die richtigen Signale.

Welche Rolle können Pay-as-produced-CfDs bei der Förderung von PV+BESS-Systemen spielen?

Wir haben uns die Gestaltung von CfDs in Großbritannien genau angesehen, um den dortigen massiven Ausbau von PV plus BESS besser zu verstehen. Das Erfolgsrezept der Briten scheinen CfDs nach dem pay-as-produced-Modell zu sein. Sprich: Die Vergütung des Stroms basiert auf der generierten Leistung und Zahlungen dürfen nur für den unmittelbaren Abfluss von Strom aus erneuerbaren Energien gefordert werden. So können die Anlagenbetreiber ihre Batterien mit Solarstrom laden, wenn die Preise gering oder negativ sind. Sobald die Preise ins Negative rutschen, wird die Vergütung unter einem CfD in Großbritannien eingestellt. Befindet sich gerade viel Strom im System, kann die Batterie mit dem Strom aus der Solaranlage geladen, und dieser später genutzt werden. Einzige Voraussetzung ist, dass Erzeugung und Speicherung im Messsystem sauber getrennt werden, damit Anlagenbetreiber und Regulierungsbehörden genau ablesen können, was in das Solar- bzw. Batteriesystem eingespeist wird und wieder abfließt. Mit solchen Verträgen lassen sich Einkommensströme flexibel optimieren und die Betreiber können je nach Bedarf zwischen CfD-Modus und Batterieladung bzw. -entladung wechseln.

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