Der Heimspeicher der SAX Power GmbH wandelt ohne Wechselrichter Gleichspannung in Wechselspannung um. Kaskadierte Brückenschaltungen zwischen den Batteriezellen machen dies möglich. Geschäftsführerin Dipl.-Ing. Lei Shen erläutert die Vorteile der nach Unternehmensaussagen einzigartigen Balancing-Methode und wie SAX Power Tesla herausfordern will.
Sie kündigen eine „Revolution im Batteriemarkt“ an und wollen Tesla zeigen, dass Sie das bessere Speichersystem haben. Das ist selbstbewusst und ambitioniert. Was macht Ihre „Sax Batterie“ besonders und warum sollte sie sich besser für Elektroautos eignen als Tesla-Akkus?
Unsere Batterie hat mehrere Vorteile, die sich in der E-Mobilität besonders auswirken. Es fängt damit an, dass sie kleiner und leichter ist als herkömmliche Systeme – und Gewicht und Bauraum spielen bei E-Autos ja eine große Rolle. Ganz wichtig ist die Sicherheit: Die elektronische Steuerung schaltet unsere Batterie im Fehlerfall, zum Beispiel bei einem Unfall, sofort vollständig ab. Es liegt also nur eine ganz niedrige Spannung an große Hitze kann sich nicht entwickeln. Unsere Lithium-Eisenphosphat-Zellen sind außerdem sicherer und langlebiger als NMC-Zellen. Für Werkstätten ist es eine große Erleichterung, wenn die Spannung nach der Abschaltung sofort unterhalb der Sicherheitsspannung liegt. Das Service-Personal kann unbesorgt überall anfassen – das ist bei herkömmlichen Systemen ein Riesen-Problem. Schließlich ist unsere Technik auch noch bis zu 50 Prozent langlebiger als heutige Batterien dank unserer einzigartigen Balancing-Methode. Und die Ladezeit wird ohne zusätzliche Einrichtungen auf die Hälfte verkürzt.
Was hat es mit der Balancing-Methode auf sich? Und wie kann Ihr Speicher ohne Wechselrichter Gleichspannung in Wechselspannung umwandeln?
Das Grundprinzip unserer Technik ist, dass die Batteriezellen einzeln oder gruppenweise über Brückenschaltungen - sogenannte kaskadierte H-Brücken – verschaltet werden. Also nicht in Reihe, das heißt einfach hintereinander. Zusammen mit der digitalen Steuerung erlaubt uns das einen rotierenden Ladungsausgleich, bei dem Zellen mit mehr Kapazität länger belastet werden, Zellen mit weniger Kapazität kürzer. So können wir die Zellen optimal nutzen, was viel mehr Performance bringt als bei einem herkömmlichen System. Und um aus der Gleichstrombatterie eine Wechselspannung zu erhalten, werden die Spannungen der einzelnen Zellen von der Elektronik so addiert, dass man die gewünschte Sinuskurve bekommt. Dass man keinen Wechselrichter mehr benötigt, spart nicht nur Kosten, Platz und Gewicht – das digitale Verfahren ist auch viel effizienter. Wir erreichen bei der Umwandlung zu Wechselstrom einen Wirkungsgrad von 99 Prozent, das schafft kaum ein herkömmlicher IGBT-Wechselrichter.
Sie zielen vor allem auf den Sektor E-Mobilität ab, sind aber erst einmal mit dem Photovoltaik-Heimspeicher auf den Markt gegangen, mit dem Sie es auch unter die Finalisten des ees Awards geschafft haben. Warum dieser Schritt?
Eine neue Technologie in den Automobilsektor zu bringen, ist enorm aufwändig und teuer. Diese Investitionen könnten wir als Start-up nicht stemmen. Darum schaffen wir uns erst eine Basis durch die Produktion der Solarspeicher. Das ist ein gefragtes Produkt und wir können zeigen, dass unsere Technologie funktioniert. Damit können wir Erfahrungen sammeln und uns weiter entwickeln.
Was sind die Vorteile Ihrer Batterie in der Kombination mit PV-Anlagen für Wohngebäude?
Da man keinen Wechselrichter braucht, gibt es nur ein kompaktes Speichermodul, das sich leicht installieren lässt. Es ist bis zu 40 Prozent kleiner und leichter und passt in jede Ecke, man muss also nicht den Keller noch voller machen. Es funktioniert sogar als einfache Plug-in-Lösung mit einem gesicherten Stecker, dann hat man nicht einmal Verputzarbeiten an der Wand. Die Installationsarbeit für Elektriker kann um bis zu 80 Prozent reduziert werden. Wie bei anderen Systemen gibt es eine App zur Steuerung, eine Notstromschaltung (USV) für Stromausfälle und die Kombinierbarkeit mit einer Wallbox für E-Autos. Unser Speicher ist kompatibel mit allen PV-Systemen.
Ihr Speichersystem kann von 5,2 bis auf 15,6 Kilowattstunden Speicherkapazität erweitert werden. Kann es zu noch größerer Kapazität zusammengeschaltet werden?
Unsere Batteriesysteme sind modular erweiterbar zu einer beliebigen Kapazität und Leistung. Demnächst wird ein Speicher mit der gleichen Leistung und doppelter Kapazität für die USA entwickelt, dafür gibt es schon Anfragen. Auch ein neues Megastorage-System mit 200 Ampere ist in Vorbereitung, die Produktentwicklung startet im Herbst.
Wie sind Sie zu dem Unternehmen gekommen, Frau Shen?
Ich war schon vorher in der Firma SAX aktiv und habe die Entwicklung der neuen Technologie begleitet. Anfangs haben wir die Möglichkeiten noch gar nicht so groß eingeschätzt. 2019 ist dann ein ausländischer Schiffbaukonzern auf uns aufmerksam geworden, hat unser Vorhaben genau untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das eine bahnbrechende Innovation ist. Daraufhin haben wir die Technologie von Forschungsinstituten im Deutschland begutachten lassen. Die Bewertung war ebenfalls sehr positiv. Es gab da auch schon Anfragen, die Technologie komplett ins Ausland zu verkaufen. Aber wir haben im SAX-Team beschlossen, dass wir aus eigener Kraft ein marktreifes Produkt entwickeln wollen.
Für Ihr Start-up haben Sie Finanzmittel des Landes Baden-Württemberg erhalten. Der Kranhersteller Liebherr und die Sparkasse Biberach sind finanziell beteiligt. Vor kurzem sind die Venture-Capital-Spezialisten Walden International eingestiegen. Wie wird ein kalifornischer Investor auf ein so junges Start-up aus Ulm aufmerksam?
Wir wussten, dass Walden nur in innovative Technologie mit großem Potenzial investiert. Sie sind zum Beispiel an DJI beteiligt, dem Weltmarktführer für Drohnen, und haben schon 116 Firmen zum Börsengang verholfen. Wir haben Kontakt zu Walden aufgenommen und sie haben uns monatelang komplett durchleuchtet, technisch und wirtschaftlich, bis sie überzeugt waren und eingestiegen sind.
Zurzeit werden die ersten Sax-Heimspeicher mit privaten PV-Anlagen in Deutschland erprobt. Ab 2022 soll der Speicher in anderen EU-Ländern, USA, Brasilien und Südafrika verfügbar sein. Welche Bedeutung hat Deutschland als Absatzmarkt für Ihr Unternehmen?
Wir haben schon Anfragen aus verschiedenen Ländern für unsere Solarspeicher, aber zuerst wollen wir eine gute Basis in Deutschland aufbauen. Dazu kommt, dass für jedes Land wieder technische Anpassungen und neue Zertifizierungen notwendig sind, das können wir nur nach und nach leisten. USA wird natürlich ganz wichtig, auch Walden will uns dort sehen. Der Einstieg da ist aber auch sehr teuer und riskant, in der EU geht manches einfacher. Die zusätzliche Aufmerksamkeit durch die ees wird sicher dazu führen, dass wir noch schneller Kontakte auch in andere Märkte bekommen.
In einer Pressemitteilung betonen Sie ihr multikulturelles, bunt gemischtes Team. Bei Sax Power arbeiten beispielsweise ein pensionierter Konstruktionschef eines großen Industriekonzerns, Uniabsolventen, ein internationaler Vertriebsprofi, ein Software-Ingenieur, der als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist, Sie haben chinesische Wurzeln und sind 1988 zum Studieren nach Deutschland gekommen. Also ein Mix an Kulturen und auch Altersgruppen. Wie klappt das Miteinander und was können Sie voneinander lernen?
Wir respektieren jeden im Team unabhängig von der Herkunft und auch von der Position, jeder kann seine Meinung einbringen. Jeder bringt nicht nur andere Kenntnisse mit, sondern auch eine andere Kultur und Denkweise. Wenn man offen miteinander umgeht, kann jeder von den anderen lernen und es kommt am Ende dem Ergebnis zugute. Das Team ist sehr fröhlich und dynamisch, wir nehmen nur die Besten. Wir wachsen nach und nach, so dass die neuen Mitglieder gut integriert werden können. Die Atmosphäre in einer Firma ist sehr wichtig. Durch ein geordnetes Wachstum mit strukturierter Organisation können die Ressourcen besser genutzt werden.
Was erwarten Sie sich von der Teilnahme an der ees Europe?
Wir sind sehr gespannt auf die Gespräche, die wir dort führen werden, und die Rückmeldungen der Fachbesucher. Wir wollen den Bedarf der Kunden möglichst gut verstehen – dabei ist die Messe enorm wertvoll für uns. Wir sind auch sicher, dass die Besucher als Fachleute den Innovationsgrad unserer Entwicklung erkennen und sich dafür interessieren. Wir freuen uns riesig auf die Veranstaltung! Das ist der erste internationale Auftritt der Firma SAX Power GmbH und wir präsentieren eine neue Technik, die noch nie in netzfähigen Solarspeichern eingesetzt wurde.
Warum haben Sie sich für den ees Award beworben?
Wenn man so einen Durchbruch erzielt hat wie wir mit unserer Technologie, wollen das viele Leute erst einmal gar nicht glauben. Man muss sie überzeugen, dass das alles fundiert und seriös ist. Dabei helfen uns die unabhängigen Gutachten und Prüfungen, aber auch der neutrale Blick einer Jury in so einem wichtigen Wettbewerb wie dem ees Award. Wir haben ein großes Ziel und brauchen diese Anerkennung, um die neue Technik auch in der E-Mobilität durchzusetzen.