Experteninterview – "In Zukunft wird die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen davon abhängen"

Experteninterview – 21. Februar 2022

Interview mit Thilo Brückner, VDMA, über Klimaneutralität im Maschinen- und Anlagenbau

Der Maschinen- und Anlagenbau muss einerseits effiziente Technologien entwickeln, mit denen andere Industriezweige ihre Emissionen senken können, gleichzeitig müssen die Unternehmen der Branche selbst klimaneutral werden. Wir sprechen mit Thilo Brückner, Geschäftsführer VDMA Electronics, Micro and New Energy Production Technologies (EMINT) darüber, wie der Maschinen- und Anlagenbau diese Doppelrolle meistert.

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Oliver Wyman aus dem Jahr 2020 trägt der Maschinenbau, global betrachtet, nur zu 1% der weltweiten Emissionen bei. Warum sollten Maschinen- und Anlagenbauer trotzdem klimaneutral werden? Und wie schnell?

Die Ziele zur Reduktion der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen sind notwendigerweise sehr ambitioniert, wodurch jede eingesparte Tonne von Emissionen einen wesentlichen Beitrag darstellt. Zunächst hört sich 1% der weltweiten Emissionen gering an, in absoluten Zahlen gerechnet stellt dies jedoch eine bedeutende Menge dar. Die Herausforderung, welche aus der Zielsetzung der Europäischen Union resultiert bis 2050 klimaneutral zu werden, ist groß. Somit müssen in allen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft Schritte zur Einsparung von Emissionen unternommen werden. Wir alle sind gefordert, und zwar heute, nicht morgen.

Die Wahrnehmung des Themas Klimaneutralität zeigt zudem eine rasche Veränderung. Nicht nur in der Gesellschaft ist ein steigender Druck zu beobachten, auch der Handlungsdruck der Politik durch regulatorische Maßnahmen wird schnell weiter steigen, wie beispielsweise anhand des digitalen Produktpasses bereits zu sehen ist. In Zukunft wird auch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen davon abhängen, ob klimaneutral gewirtschaftet wird. Die Kundenanforderungen werden sich anpassen, ebenso die Finanzmärkte. Zahlreiche Treiber beeinflussen den Weg zur Klimaneutralität, was auch für den Maschinen- und Anlagenbau entscheidend ist.

Gibt es Zahlen dazu, wie viele Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau schon klimaneutral oder auf dem Weg dorthin sind?

Eine Mitgliederumfrage des VDMA hat gezeigt, dass dem Thema klimaneutrale Produktion eine große Relevanz zugeschrieben wird. Insbesondere bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen sind die Maschinen- und Anlagenbauer gut aufgestellt und die Expertise ist bei einem Großteil der Unternehmen gegeben. Eine große Mehrheit hat bereits entscheidende Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität gemacht. Einige Unternehmen erfassen ihre Emissionen bzw. haben sich einem umfangreichen Emissions-Reporting gewidmet. Aufgrund der stark mittelständig geprägten, sehr diversen Maschinenbaubranche lassen sich gewisse Unterschiede in der Umsetzung und hinsichtlich der bereits ergriffenen Maßnahmen beobachten.

Welche Rolle spielt der Maschinen- und Anlagenbau seinerseits dabei, andere Branchen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen?

Wie bereits diskutiert, gibt es andere Wirtschaftsbereiche, welche für einen deutlich größeren Anteil von klimaschädlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Diese Wirtschaftszweige arbeiten zur Erbringung ihrer Leistung zumeist mit dem Maschinen- und Anlagenbau als Zulieferindustrie zusammen. Ohne den Maschinenbau ist es nicht möglich die Technologien zu entwickeln, die zu einer Reduktion von Treibhausgasemissionen notwendig sind. Dies gilt für verschiedenste Bereiche, in denen moderne, emissionssparende Technologien eingesetzt werden. Ohne den Maschinen- und Anlagenbau in seiner Schlüsselrolle kann es keine grundlegende Transformation im Bereich der Energiewirtschaft oder in der Mobilität geben.

Durch den Maschinen- und Anlagenbau werden klimafreundliche und emissionsarme Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel geschaffen, wie beispielsweise Photovoltaik oder Batterien. Maschinen und Anlagen beeinflussen die Größe des CO2-Fußabdrucks einzelner Produkte, welche mit diesen produziert werden. Je mehr Maschinen und Anlagen modern und energieeffizient sind, desto leichter können andere Branchen die Transformation zur Klimaneutralität erreichen.

Laut dem Energieeffienzindex, für den die Universität Stuttgart zweimal im Jahr hunderte Unternehmen unterschiedlicher Branchen befragt, kennt fast die Hälfte der Unternehmen ihre eigenen Energieeinsparpotenziale nicht. Wie ist Ihre Erfahrung dazu? Wie könnte man das Bewusstsein dafür schaffen?

Bislang lag in der Regel noch kein starker Fokus auf der Klimaneutralität als Ganzes. Von Kunden wurde dies bislang nicht ausdrücklich nachgefragt, weswegen die Weichen für die klimaneutrale Produktion gerade erst gestellt werden. Sich diesem Thema des Klimaschutzes zu widmen, benötigt tiefgehendes Know-how und personelle Kapazitäten. Während in einigen größeren Unternehmen Nachhaltigkeitsabteilungen aufgebaut wurden, handeln KMU aus einer Eigenmotivation und eigener Überzeugung heraus und haben laut der Studie des VDMA bislang noch keine eigenen Zuständigkeiten oder Nachhaltigkeitsabteilungen aufgebaut.

Der VDMA unterstützt insbesondere KMU dabei, Bewusstsein im Unternehmen aufzubauen, sich dem Thema Klimaneutralität anzunähern sowie erste Ansätze zur aktiven Reduktion von individuellen Treibhausgasemissionen aufzuzeigen.

Der VDMA hat sich bereits bei der EM-Power Europe Restart 2021 am Themenschwerpunkt „Klimaneutrale Unternehmen“ beteiligt und wird auch dieses Jahr mit dabei sein. Wie war die Messe 2021 für Sie? Und was sind die Beweggründe des VDMA sich auf der EM-Power für das Thema Klimaneutrale Unternehmen zu engagieren?

Wir sind überzeugt davon, dass sich zukünftig nur klimaneutrale Unternehmen erfolgreich am Markt behaupten werden. Aufgrund der zahlreichen Treiber sind Unternehmen darauf angewiesen das nötige Bewusstsein zu entwickeln, um die eigene Klimaneutralität anzugehen. Unsere Mitglieder erwarten von uns, dass wir sie auf diesem Weg unterstützen. Neben kurz- bis mittelfristigen wirtschaftlichen Aspekten, muss auch die langfristige Perspektive berücksichtigt werden. Das nachhaltige und gesunde Wirtschaften steht auch für zukünftige Generationen und deren Bedürfnisse im Fokus.

Warum würden Sie Mitgliedsunternehmen, die ihre Emissionen senken wollen, den Besuch der The smarter E Europe und ihrer vier Energiefachmessen empfehlen?

Neben dem Bezug von klimaneutraler Energie, spielt das Erzeugen eigener regenerativer Energie sowie die Speicherung und deren intelligente Nutzung eine sehr große Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität. Ein Besuch auf der The Smarter E Europe kombiniert die zentralen Aspekte hinsichtlich Klimaneutralität. Somit bietet The Smarter E Europe die ideale Plattform, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen sowie neue Partner und Inspirationen zu finden.

Der Weg zum klimaneutralen Unternehmen

Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Unternehmen klimaneutral werden können? Dann besuchen Sie unsere Themenseite "Klimaneutrale Unternehmen" .

Auf der EM-Power Europe vom 11.–13. Mai 2022 wird es außerdem eine eigene Themenfläche "Der Weg zum klimaneutralen Unternehmen" geben, auf der bis zu acht Unternehmen exklusiv ihre Expertise in den Bereichen Bilanzieren, Reduzieren und Kompensieren von Emissionen präsentieren.

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