Großspeicher sind das Rückgrat eines flexiblen, zuverlässigen und erneuerbaren Energiesystems. Auf der ees Europe 2025 wurde deutlich: Die europaweite Nachfrage nach leistungsstarken Speichern steigt exponentiell, die Zahl der Netzanschlussanfragen erreicht Rekordhöhen und der Markt beginnt sich rasant zu professionalisieren.
Mit der wachsenden Volatilität an den Strommärkten und einem regulatorischen Umfeld im Wandel eröffnen sich für Speicherprojekte enorme wirtschaftliche Chancen. Dieser Artikel beleuchtet die zentralen Themen, die auf der ees Europe 2025 und der begleitenden Konferenz im Fokus standen, wie Marktchancen, Vertragsmodelle und politische Handlungsbedarfe.
Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien am europäischen Strommix liegt bei über 50 Prozent. Das stellt das Energiesystem vor zunehmenden Herausforderungen bei der Systemintegration. Als direkte Auswirkung auf diese Entwicklung nimmt die Zahl an Null- und Negativ-Stunden im Stromgroßhandel stetig zu, wie in Deutschland, Irland und Spanien. In diesen Ländern zeigt sich der Mangel an flexiblen Ressourcen zur Ausbalancierung von Angebot und Nachfrage, was den dringenden Bedarf an Großspeichern verdeutlicht. Großspeicher gelten als zentrale Flexibilitätsressource und puffern Überangebote, stabilisieren Netze und schaffen wirtschaftliche Wertschöpfung in zunehmend volatilen Märkten.
Der Markt reagiert: Laut Anna Darmani, Analyst Energy Storage EMEA bei Wood Mackenzie, soll die installierte Batteriespeicherkapazität von 34 GW im Jahr 2024 in den nächsten zehn Jahren deutlich anwachsen. Dabei holen große Speicherprojekte auf – angetrieben durch neue Vermarktungsmodelle, die Großprojekte bankfähig machen. Darmani sprach sogar von einer neuen Phase, in die Batteriespeicher in Europa eintreten: „Die Diversifikation der Einnahmequellen wird immer wichtiger auf dem Markt. Damit sind neue Vertragsmodelle gemeint, wie Tolling-Verträge und hybride PPAs, die europaweit entstehen. Sie sind entscheidend, um großskalige Batteriespeicher in Europa attraktiv für Investitionen zu machen und Merchant Risk zu verringern,“ erläuterte sie.
Hybride PPAs sind Stromabnahmeverträge, die typischerweise Solaranlagen mit Batteriespeichern kombinieren. Diese erlauben es, Strom auch bei negativen Preisen oder Redispatch-Einsätzen gezielt zwischenzuspeichern und später zu höheren Marktpreisen zu verkaufen.
Ein wegweisendes Beispiel für solche neuen Vertragsmodelle ist der Tolling-Vertrag zwischen dem britischen Energieversorger Octopus Energy und Gresham House, ein britischer Asset-Manager, der sich auf nachhaltige und alternative Investments fokussiert, welcher der erste seiner Art in Europa ist. Octopus Energy mietet hierbei die Batterie von Gresham, übernimmt den Marktbetrieb und erzielt Handelsgewinne, während Gresham eine stabile Einnahme erhält. Das verlagert das Marktrisiko auf den Abnehmer und macht das Projekt für Investoren deutlich attraktiver.
Die Entwicklung hin zu diversifizierten Erlösmodellen ist eine konsequente Antwort auf die Tatsache, dass frühere Einnahmestrategien schnell an Rentabilität verlieren können. Frühere BESS-Projekte, insbesondere aus Deutschland und Großbritannien, erzielten anfangs hohe Erträge über Systemdienstleistungen wie Frequenzregelung und automatische Sekundärregelung. Die Frequenzregelung stabilisiert die Netzfrequenz unmittelbar und automatisch innerhalb von Sekunden, um kurzfristige Schwankungen zwischen Stromerzeugung und -verbrauch auszugleichen. Die automatische Sekundärregelung greift nach der Frequenzregelung ein und regelt innerhalb weniger Minuten gezielt Leistung, um die Netzfrequenz weiter zu stabilisieren und das Gleichgewicht im Stromsystem wiederherzustellen. Durch sinkende Preise und zunehmendem Wettbewerb wurde dieser Markt relativ klein und schnell gesättigt.
Simon De Clercq, Senior Research Associate bei Aurora Energy Research, gab auf der ees Europe Conference ein Beispiel aus dem belgischen Markt, das diese Entwicklung verdeutlicht. „Die Erlöse aus Systemdienstleistungen brachen drastisch ein, nachdem ein einzelner 4-Stunden-Großspeicher ans Netz ging. Das Angebot war für die benötigte Leistung im Regelenergiemarkt viel zu hoch. Der Fall unterstreicht die Volatilität einzelner Erlösquellen und macht die Notwendigkeit einer Multi-Markt-Strategie deutlich.“
In Reaktion auf die zunehmende Unsicherheit einzelner Erlösquellen gewinnen hybride Offtake-Modelle zunehmend an Bedeutung, wie Darmani weiter erläuterte. Auch wenn sie sich derzeit noch in einem frühen Marktstadium mit bisher rund 15 Verträgen europaweit befinden, zielen diese Vertragsmodelle darauf ab, die Einnahmeströme eines Speichers breiter und resilienter aufzustellen, indem unterschiedliche Vermarktungsoptionen kombiniert werden. Zu den gängigen Formen zählen heute Optimierungsverträge mit Gewinnbeteiligung, bei denen ein Händler den Speicher vermarktet und Erlöse mit dem Eigentümer teilt, sowie Tolling-Verträge.
Besonders zukunftsweisend sind jedoch hybride PPAs. In Deutschland verstärken aktuelle Regularien diesen Trend: Neue Förderbedingungen führen bei länger anhaltenden negativen Strompreisen zu finanziellen Nachteilen für Einspeisungen, was die Kombination von Erneuerbare-Energie-Anlagen mit Speichern wirtschaftlich attraktiver macht. Hybride Offtake-Strukturen schaffen damit eine bessere Balance zwischen stabilen Einnahmen und marktbasierten Renditechancen – ein entscheidender Faktor für die Investorenansprache und Bankfähigkeit kommender Großspeicherprojekte.
Eine zentrale Frage für den weiteren Hochlauf von Großspeichern lautet: Wie lassen sich stabile Einnahmeströme mit den Chancen und Risiken des freien Strommarkts kombinieren, um Investitionen zu ermöglichen und Kapital effizient zu mobilisieren? Genau hier setzt das Konzept an, BESS-Kapital durch eine intelligente Mischung aus Sicherheit und Renditechancen freizusetzen.
Batterien profitieren von volatilen Energiemärkten – dort entfalten sie ihr volles Potenzial. Doch genau diese Volatilität schreckt Infrastrukturinvestoren und Kreditgeber ab, die auf planbare, vertraglich gesicherte Einnahmen setzen. Die Herausforderung: Die Marktstruktur bietet bislang nur wenige bankfähige Offtake-Modelle, insbesondere für Anlagen unter 20 MW, die kaum Zugang zu langfristigen Abnehmerverträgen erhalten. Hinzu kommt die Komplexität der Vermarktung im freien Markt, die spezialisiertes Know-how und ausgefeilte Optimierung erfordert – ein Investitionsrisiko, das viele Kapitalgeber scheuen.
Mikko Preuss, Vice President Strategy und Commercial bei terralayr Germany, erläuterte auf der ees Europe Conference, wie sein Unternehmen diese Herausforderung adressiert. Mit einer zweiseitigen Flexibilitätsplattform verbindet terralayr BESS-Anlagen über einheitliche Rahmenverträge mit unterschiedlichen Abnehmern – darunter Energieversorger, unabhängige Stromproduzenten (IPPs) und Industrieunternehmen. Dieses Modell ermöglicht es, stabile Einnahmen durch vertragliche Komponenten mit marktbasierter Wertschöpfung zu kombinieren – und damit Kapital für neue Großspeicherprojekte zu erschließen und Investitionen bankfähiger zu machen.
Ein Beispiel sind jüngste Multi-Asset-Tolling-Vereinbarungen von terralayr mit Vattenfall, die mehrere Anlagenpools abdecken. Dies stellt eine der ersten erfolgreichen Umsetzungen eines solchen Modells in Europa dar und beweist, dass skalierbare, bankfähige Modelle nicht nur möglich sind, sondern bereits in der Umsetzung. Damit kann eine Brücke zwischen Investorenanforderungen an Stabilität und der operativen Realität von BESS in volatilen Märkten geschlagen werden.
Trotz zunehmender Investitionsbereitschaft und politischer Signale bleibt die Integration von Großspeichern in das deutsche Energiesystem ein Balanceakt zwischen technischer Notwendigkeit und regulatorischer Realität. Während der Bedarf an Flexibilität im Stromsystem rasant wächst, entstehen durch lokal restriktive Netzvorgaben neue Zielkonflikte – besonders dort, wo der Ausbau erneuerbarer Energien bereits weit fortgeschritten ist.
Gerade in Deutschland zeigt sich dieses Spannungsfeld besonders deutlich: Große Batteriespeichersysteme entwickeln sich zunehmend von Nischenanwendungen zu netzrelevanter Infrastruktur. Politische Maßnahmen wie §118 EnWG, das neu errichtete Speicher ab 2008 bis maximal 2030 vom Netznutzungsentgelt befreit, haben zahlreiche Projekte wirtschaftlich tragfähig gemacht. Gleichzeitig aber bremsen wachsende systemische Vorbehalte den Ausbau: In PV-starken Regionen wie Bayern führen restriktive Netzanschlussauflagen dazu, dass Speicher zu bestimmten Zeiten nicht geladen oder entladen werden dürfen – was die Einnahmen um bis zu 30 Prozent verringert. Obwohl solche Vorgaben dem Netzschutz dienen sollen, drohen sie die Skalierung dringend benötigter Flexibilitätsoptionen massiv zu behindern.
Benedikt Deuchert, Head of Business Development und Regulatory Affairs bei Kyon Energy, betonte auf der ees Europe Conference: „Um sicherzustellen, dass Batteriespeicher das Netz stützen und nicht belasten, sind intelligentere Integrationsrahmen erforderlich. Entwickler und Regulierer müssen sich von starren Vorgaben lösen und hin zu dynamischen, bedarfsorientierten Steuerungen übergehen, ermöglicht durch Echtzeit-Redispatch-Signale und vergütete Flexibilitätsdienste. Flexible Netzanschlussvereinbarungen (FCA) müssen ihrem Namen gerecht werden: Sie sollten netzdienlichen Betrieb ermöglichen, nicht behindern. Und dauerhafte Netzentgeltbefreiungen sollten netzstützendes Verhalten belohnen. Nur so können BESS ihr volles Potenzial als Stabilitätsanker des deutschen